Sendboten des Teufels

Peter Tremayne (so das Pseudonym des Historikers Peter Berresford Ellis) genießt mit seiner Reihe um die Irin Fidelma von Cashel und ihren angelsächsischen Mann Eadulf, die im 7. Jahrhundert Morde aufklären, mittlerweile fast so etwas wie Kultstatus. Der neueste Band, Sendboten des Teufels, ist allerdings einer der schwächeren der Serie, zumindest, was den Kriminalfall an sich betrifft.
Dabei lässt sich die Handlung zunächst recht packend an: Unweit der Königsburg Cashel fällt ein Grüppchen Reisender Raubmördern zum Opfer. Der einzige Überlebende ist ausgerechnet Eadulfs langverlorener Bruder Egric, der erkennbar etwas zu verbergen hat. Als kurz darauf auch noch ein Mitglied einer angelsächsischen Gesandtschaft getötet wird, die ebenfalls verdächtig wenig über ihre Ziele preisgibt, und ein Wahrsager sich in düsteren Prophezeiungen ergeht, die weiteres Unheil verheißen, ist das erfahrene Ermittlerduo gefordert …
Wie so oft bei Tremayne ist das Motiv wieder einmal in der Gier nach Macht und Ansehen zu suchen, die den Mörder über Leichen gehen lässt – und das sind in diesem Fall selbst für die Verhältnisse der Fidelma-Reihe, in der es selten bei nur einem Toten bleibt, wirklich viele, so dass der Täter samt Komplizen gegen Ende der Geschichte freundlicherweise schon einen Gutteil aller Mitverdächtigen eliminiert hat. Insofern geht der Versuch, die Spannung durch immer weitere Morde und kompliziertere Zusammenhänge künstlich hochzuhalten, nach hinten los, und man ertappt sich bei dem Wunsch, Tremayne würde sich endlich einmal einen wirklich neuen Fall mit unvorhersehbarem Motiv einfallen lassen, statt immer wieder Variationen derselben Geschichte zu erzählen. Auch das Bemühen, die persönliche Betroffenheit der beiden Detektive durch die Einführung des bisher unbekannten Egric zu erhöhen, ist ein zweischneidiges Schwert, und man verzeiht es dem Autor eigentlich nur, weil er immerhin selbstironisch genug ist, Fidelma verblüfft bemerken zu lassen, dass auch sie von ihrem Schwager bisher noch nichts gewusst hätte.
So muss der Roman auf anderen Ebenen punkten, was er auch durchaus kann: Wie immer machen die eingestreuten historischen Informationen Spaß, seien es nun Einzelheiten über Gesellschaft, Festkultur und Alltagsleben im alten Irland oder theologische Debatten über alles von der Erbsündenlehre des Augustinus bis hin zum Zölibat. Eadulf darf hier sogar einmal seine medizinischen Kenntnisse ganz handfest bei einer Amputation unter Beweis stellen, die sich weit spannender liest als die eigentlichen Mordermittlungen. Auch wenn man vor allem deshalb zu den Sendboten des Teufels gegriffen hat, weil man herausfinden will, wie es um wiederkehrende Gestalten wie den Krieger Gormán oder die aus der Sklaverei geflohene Aibell inzwischen steht, wird man nicht enttäuscht, denn die fortlaufende Hintergrundhandlung der Serie ist interessant und wartet in diesem Band mit der ein oder anderen Überraschung auf. Da auch die Helden einem weiterhin sympathisch bleiben, freut man sich trotz aller Kritik auch auf das nächste Buch ihrer Endlosgeschichte.
Die Übersetzung von Irmhild und Otto Brandstädter liest sich insgesamt angenehm und flüssig (wenn sich auch vielleicht über einzelne Ausdrücke streiten lässt – ist es z.B. wirklich eine gute Idee, jemanden lange vor der Entdeckung Amerikas durch die Europäer ausgerechnet „puterrot“ anlaufen zu lassen?). Allerdings wäre ihr ein besseres Lektorat zu wünschen gewesen: In mindestens einem Dialog (S. 72) ist durcheinandergeraten, welcher Gesprächspartner was sagt, Lateinfehler sind übersehen worden (mehrfach „custodes“ statt „custos“ als Singular), und bei bestimmten Begriffen wechselt munter die Namensform: So erscheint das angelsächsische Königreich Northumbria abwechselnd als „Nordhumbria“, „Nordhumbrien“ und „Northumbrian“, und die Fomorier (irische Sagengestalten) tauchen als „Fomorii“, „Formorii“ und „Fomoirii“ auf. Eine solche Uneinheitlichkeit produziert Verwirrung, zumal bei Themen wie angelsächsischer Geschichte und irischer Mythologie, mit denen sich nicht zwingend jeder Leser auskennt.
So bleibt man am Ende mit einem gemischten Leseeindruck zurück und kann nur unter Vorbehalt eine Empfehlung aussprechen: Wer vor allem auf den Ausflug in ein etwas idealisiert geschildertes frühmittelalterliches Irland Wert legt und den Aufhänger dafür nicht allzu wichtig nimmt, kann hier nicht viel falsch machen, aber vom eigentlichen Krimiplot sollte man diesmal nicht zu viel erwarten.

Peter Tremayne: Sendboten des Teufels. Historischer Kriminalroman. Aufbau Taschenbuch, 2014, 446 Seiten.
ISBN: 978-3746630472


Genre: Roman