Die Zahl von Schriftquellen, die Auskunft über das Leben im frühmittelalterlichen Südwestdeutschland geben, ist begrenzt. Einen unschätzbaren Beitrag zur Rekonstruktion der damaligen Verhältnisse kann die Archäologie leisten, doch hier stellt sich das Problem, dass bestimmte Materialien weitaus vergänglicher sind als andere. Gerade Holz und Textilien erhalten sich oft nicht gut, und mit ihnen gehen wichtige Elemente der materiellen Kultur verloren. So ist das im Winter 2001/2002 gefundene Grab 58 des merowingerzeitlichen Gräberfelds von Trossingen, in dem Textilreste und zahlreiche hölzerne Beigaben überdauert haben, etwas ganz Besonderes. In den Beiträgen verschiedener Wissenschaftler wird in Mit Leier und Schwert der Ausnahmefund ebenso liebevoll wie allgemeinverständlich vorgestellt.
Bei dem Bestatteten, einem etwa 40jährigen und wohl im Jahre 580 beigesetzten Mann, dürfte es sich um einen Angehörigen der lokalen Elite gehandelt haben, der neben farbenfroher Kleidung, Waffen, Möbeln und Gegenständen des täglichen Bedarfs auch eine reich verzierte Leier mit ins Grab bekam – ein Stück, dessen Reiz man sich nur schwer entziehen kann. Von den Abnutzungsspuren, die belegen, dass die Leier tatsächlich häufig gespielt wurde, über die Schnitzereien mit Krieger- und Schlangenmotiven bis hin zu den an einem exakten Nachbau erprobten Klangeigenschaften wird das Instrument ausführlich beschrieben.
Eine ähnlich detaillierte Würdigung erfahren die anderen Grabbeigaben, denen immer wieder Vergleichsfunde, aber auch zeitgenössische Abbildungen (etwa aus Handschriften oder von Grabsteinen) gegenübergestellt werden, um eine Einordnung in die frühmittelalterliche Lebenswelt vorzunehmen. Ohnehin ist das Buch üppig illustriert (außer mit Fotos und Kartenmaterial auch mit Umzeichnungen und Rekonstruktionsdarstellungen), so dass über den Text hinaus ein ganz unmittelbarer visueller Zugang zum Geschilderten gewährleistet ist. So entsteht nach und nach wortwörtlich das Bild eines regional Mächtigen, für den seine Rollen als Reiterkrieger und als Musiker vermutlich keine Gegensätze waren, sondern nahtlos ineinandergriffen.
Alles in allem kann Mit Leier und Schwert damit beispielhaft für die optimale Aufarbeitung eines spannenden Fundes für ein allgemeines Publikum stehen.
Barbara Theune-Großkopf (Hrsg.): Mit Leier und Schwert. Das frühmittelalterliche „Sängergrab“ von Trossingen. Friedberg, Likias, 2010, 120 Seiten.
ISBN: 9783981218121