Michelangelo Buonarroti zählt auch heute, fünfhundert Jahre nach seiner Zeit, zu den bekanntesten Künstlern überhaupt. Wer eine eingängig lesbare Einführung in Leben und Werk des Mannes sucht, dessen Gemälde und Skulpturen immer noch unmittelbar anzusprechen vermögen, wird bei Claudia Echinger-Maurach fündig, der es in Michelangelo gelingt, auf nur 128 Seiten anschaulich das Wichtigste zusammenzufassen, was man über die vielschichtige Persönlichkeit wissen muss.
In eine geachtete, aber nicht übertrieben reiche Florentiner Familie hineingeboren, setzte Michelangelo seine Ausbildung zum Künstler gegen den Willen seines Vaters durch und war, bis er mit fast 89 Jahren starb, über Jahrzehnte ununterbrochen auf vielen Gebieten aktiv und erfolgreich, ob nun als Bildhauer, Maler, Architekt oder Dichter. Seinem allein schon in seinem Umfang, aber auch und vor allem natürlich in seiner Qualität eindrucksvollen Schaffen widmet Echinger-Maurach sich mit großem Einfühlungsvermögen und mit einer spürbaren Begeisterung für ihr Thema, die umso ansteckender ist, weil sie in den letzten Jahren insbesondere in den Geisteswissenschaften selten geworden und, wenn überhaupt, allenfalls noch im Nature Writing, aber kaum bei kunsthistorischen Gegenständen zu finden ist. Weltbekanntes wie die Fresken in der Sixtinischen Kapelle oder den David, aber auch Kleineres und dem allgemeinen Publikum nicht so Vertrautes, wie etwa Zeichnungen oder einzelne Gedichte Michelangelos, stellt sie liebevoll und, soweit im Rahmen der Buchlänge möglich, durchaus ausführlich vor.
Neben den in zahlreichen Abbildungen (einschließlich zweier farbiger Tafelteile) präsenten Kunstwerken wird aber immer wieder auch der Mensch Michelangelo, der durch Selbst- und Fremdzeugnisse für jemanden seiner Epoche außergewöhnlich gut fassbar ist, in den Mittelpunkt gerückt: Voller Schaffensdrang, aber ebenso voller Bereitschaft, Begonnenes auch einfach abzubrechen, wohlhabend, aber ohne großen Hang zum Materiellen, mit viel gelegentlich beißendem Humor gesegnet, auch schon einmal unglücklich in einen etwa 40 Jahre Jüngeren verliebt und mit seinen immer wieder auf finanzielle Unterstützung hoffenden Brüdern nicht jederzeit auf bestem Fuß, tritt er einem sehr lebendig entgegen. Um ihn als zentrale Gestalt herum entsteht dabei ganz nebenbei das Panorama einer bewegten Epoche voll kriegerischer Päpste, politischer Intrigen und großer Kunst nicht nur von Michelangelos Hand.
So hat man nach der Lektüre das Gefühl, einen unterhaltsamen und zugleich lehrreichen Streifzug durch die italienische Renaissance unternommen zu haben, und fühlt sich ermuntert, sich vielleicht noch tiefer mit einzelnen Werken Michelangelos zu befassen.
Claudia Echinger-Maurach: Michelangelo. München, C.H. Beck, 2023, 128 Seiten.
ISBN: 978-3-406-80703-9