Die künstlerischen Ambitionen sind groß – aber mangelnde Übung, Selbstzweifel und Unsicherheit, wie man mit Kritik umgehen soll, verhindern die Umsetzung? John Cassidy und der als Roald-Dahl-Illustrator bekannte Quentin Blake versprechen Abhilfe für verkannte Künstler jeglichen Alters. In der Tat kann wahrscheinlich jeder vom Grundschulkind bis zum Rentner großes Vergnügen an diesem etwas anderen Zeichenlehrgang haben, der einen animieren will, spontan „nach der Einfach-Drauf-Los-Methode“ ausdrucksvolle Skizzen hinzuwerfen.
Fotorealistische Zeichnungen werden einem auf diesem Wege zwar nicht gelingen, aber wer es darauf nicht abgesehen hat, findet hier viele Anregungen und am Rande sogar sehr sinnvolle Grundlagentipps zu Perspektive, Anatomie von Mensch und Tier, Mimik und Gestik oder Licht und Schatten. Selbst diese eigentlich ernsthaften Inhalte sind aber augenzwinkernd verpackt (so steht zum Üben des Schattenwurfs etwa ein Hase in unterschiedlichen Posen vor einem Scheinwerfer Modell).
Vor allem aber finden sich viele Zeichnungen zum Vervollständigen (der „grässliche, gefürchtete, 14-beinige Galumposaurus braucht noch ein Hinterteil“) und herrlich absurde Vorschläge (etwa der, „einen Eimer im Londoner Nebel“ aufs Papier zu bringen), die man dank reichlich Platz ggf. auch direkt im Buch umsetzen kann. Charmant wird dabei immer wieder vor übertriebenem Perfektionismus, harscher Selbstkritik und zu starker Orientierung am Urteil anderer gewarnt. Auch dies geschieht zwar in humorvoller und witziger Form, ist aber als Ermunterung und Ermutigung nicht nur beim Zeichnen, sondern bei allen kreativen Tätigkeiten erstaunlich wirkungsvoll.
Ein wenig schade ist allein, dass die Übersetzung dort, wo es gilt, lückentextartig den eigenen Namen einzusetzen, nicht in jedem Fall geschlechtsneutral formuliert ist oder zumindest mehrere Optionen offenhält. Hier würden sich sicher viele kleine und große Künstlerinnen wünschen, mit berücksichtigt worden zu sein.
Doch abgesehen von diesem Wermutstropfen, für den nicht die Autoren, sondern die Tücken der deutschen Grammatik und der Umgang damit verantwortlich sind, ist Zeichnen für verkannte Künstler einfach ein Riesenspaß, der einen auf jeder Seite zum Lachen bringt und einem dabei die Angst davor nimmt, in Sachen Kunst ohnehin ein hoffnungsloser Fall zu sein.
Quentin Blake, John Cassidy: Zeichnen für verkannte Künstler. München, Antje Kunstmann, 2010, 108 Seiten.
ISBN: 9783888976902