Tor zur Welt, Bundesland, Wirtschaftsstandort, Heimat für weit über anderthalb Millionen Menschen und in den letzten Jahren auch immer stärker Touristenziel: Hamburg ist heute fraglos eine Weltstadt. Auch wenn diese Rolle historisch gewachsen ist, war der Aufstieg nicht unbedingt vorgezeichnet, als im 9. Jahrhundert an einer Stelle, an der schon Sachsen und Slawen in bescheidenem Umfang gesiedelt hatten, die Hammaburg errichtet wurde, die der späteren Stadt ihren Namen gab.
Wie der Weg vom eher unbedeutenden karolingischen Grenzposten bis zu Metropole verlief, zeichnet Martin Krieger in seiner kompakten und lesenswerten Geschichte Hamburgs allgemeinverständlich nach.
Äußerst positiv fällt auf, dass anders als so häufig in Überblicksdarstellungen zur Geschichte einer Stadt oder Region nicht die früheren Epochen zugunsten des 19. und 20. Jahrhunderts über Gebühr gerafft werden. Vielmehr lässt Krieger auch das Mittelalter und die Frühe Neuzeit ausführlich zu ihrem Recht kommen und weiß zu vermitteln, das hier die Wurzeln von vielem liegen, was Hamburg bis heute ausmacht.
Eine Konstante von Anfang an war die immense Bedeutung der Lage an schiffbaren Wasserwegen, die den Platz überhaupt erst für eine Kaufmannssiedlung attraktiv machte. Erstaunlich alt sind auch schon einige damit verbundene Probleme, die bis heute die Stadt beschäftigen, wie etwa die Offenhaltung einer Fahrrinne bis in den Hafen (Stichwort Elbvertiefung): Seit die Alster im Mittelalter aufgestaut wurde, um Mühlen zu betreiben, hatte man immer wieder mit Schlick und ungünstigen Wasserständen in der Elbe zu kämpfen.
Wirtschaftliche Interessen dominierten daher auch die Politik (oft ein Lavieren zwischen unterschiedlichen größeren Mächten). Daneben war aber von jeher Kulturelles ein zentraler Faktor, denn Hamburg wurde schon ab dem 17. Jahrhundert zum wichtigen Erscheinungsort für Zeitungen und Bücher und zog Künstler an (so etwa Musiker wie Telemann oder Carl Philipp Emanuel Bach). Wenn beide Belange miteinander in Konflikt gerieten, setzte sich jedoch in aller Regel ersterer durch, wie etwa der Abriss des Doms im frühen 19. Jahrhundert zeigt.
Nicht nur aufgrund dieses wenig pfleglichen Umgangs mit dem architektonischen Erbe ist von weiten Teilen der bewegten Geschichte nur relativ wenig im Stadtbild erhalten: Katastrophen wie der große Brand von 1842 und die Verwüstungen des 2. Weltkriegs taten ein Übriges. Auch heute ist diesbezüglich weiterhin viel im Fluss, wie der abschließende Ausblick auf städtebauliche Neuentwicklungen wie die Hafencity zeigt.
Es gelingt Krieger dabei, in dem schmalen Bändchen eine eindrucksvolle Fülle von Details unterzubringen und auch bei der Schilderung überregionaler historischer Entwicklungen (wie etwa der Reformation, des sozialen Wandels im Zuge der Industrialisierung oder der Schrecken der Nazizeit) lokale Besonderheiten deutlich zu machen. Als Einstieg ins Thema ist die Geschichte Hamburgs daher gut geeignet und erfüllt optimal ihren Zweck als leicht zugängliche Einführung, die Lust auf mehr macht.
Martin Krieger: Geschichte Hamburgs. München, C. H. Beck, 2. durchges. Aufl. 2012, 128 Seiten.
ISBN: 9783406535956