Wie beendet man einen Krieg, der sich bereits über Jahrzehnte hinzieht? Eine Antwort auf diese leider historisch nicht einmalige Frage bot Der Westfälische Frieden, den Siegrid Westphal in ihrer kompakten Einführung nicht nur in seinen Inhalten, sondern auch in seiner mühsamen Genese vorstellt. Wer bisher nur die vage Vorstellung hat, dass in Münster und Osnabrück 1648 irgendwie eine Einigung zwischen Kaiser Ferdinand III., den unterschiedlichsten katholischen und protestantischen Akteuren im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, Frankreich, Schweden, Spanien und den Niederlanden erzielt wurde, bekommt hier einen übersichtlichen ersten Einblick in die Einzelheiten der Abläufe und ihrer Ergebnisse.
Der Dreißigjährige Krieg war im Vorfeld des Westfälischen Friedens längst von einem in seinen Ursprüngen religiös motivierten regionalen Konflikt zu einem Machtkampf auf europäischer Ebene geworden, in dem der Gegensatz zwischen Protestantismus und Katholizismus nicht mehr die wichtigste Rolle spielte. Den Friedensschluss selbst zu erreichen, war dabei nicht einmal das erste Problem, das gelöst werden musste: Nach dem Hamburger Präliminarfrieden (1641) vergingen noch Jahre, bis auch nur Einigkeit darüber erzielt war, wer überhaupt an den Verhandlungen teilnehmen durfte. Dass der von kaiserlicher Seite zunächst angestrebte Ausschluss der Reichsstände nicht zustande kam, ist in der Rückschau betrachtet als Glücksfall zu werten, rekrutierte sich aus ihren Reihen doch am Ende die sogenannte Dritte Partei, ein überkonfessioneller Zusammenschluss verschiedener Gesandter, der Kompromisse erzwingen und auch Druck auf den Kaiser ausüben konnte, der trotz seiner militärisch allmählich aussichtslosen Lage mit wichtigen Zugeständnissen lange zögerte.
Zur Zähigkeit der Verhandlungen trug auch bei, dass es in ihnen nicht allein um an und für sich schon komplizierte territoriale, finanzielle, religiöse und politische Fragen ging, sondern immer wieder auch darum, den ausgeprägten Ehrvorstellungen der Frühen Neuzeit zu genügen und einen Frieden zu erarbeiten, den alle beteiligten Parteien mehr oder minder gesichtswahrend abschließen konnten. Das gelang zwar mit Müh und Not, nicht aber, alle konfessionellen Konflikte künftig zu unterbinden oder gar eine dauerhafte europäische Friedensordnung zu etablieren. Entsprechend ambivalent (und natürlich auch immer von der Epoche, aus der der Rückblick erfolgt, und den in ihr gerade herrschenden politischen und ideengeschichtlichen Tendenzen bestimmt) ist bis heute auch die in Forschung und allgemeinem Bewusstsein getroffene Bewertung des Westfälischen Friedens, über die Westphal abschließend einen kleinen Überblick liefert.
Alles in allem legt man den kurzen Band so in dem Eindruck aus der Hand, einen guten Überblick über den komplexen Friedensschluss und seine Entstehung gewonnen zu haben. Einige Vorkenntnisse zu politischen und juristischen Begriffen mitzubringen, die vielleicht nicht allgemein geläufig sind, schadet bei der Lektüre allerdings nichts (denn teilweise recht spezifische Termini, wie z. B. Gravamina, werden als bekannt vorausgesetzt und nicht für ein Laienpublikum erklärt).
Siegrid Westphal: Der Westfälische Frieden. München, C. H. Beck, 2015, 128 Seiten.
ISBN: 978-3-4066-8302-2