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Die Langobarden

Wer waren Die Langobarden? Für seine gleichnamige Einführung setzt Stefan Esders bei der Sage an, mit der die frühmittelalterliche gens selbst erklärte, wie sie angeblich zu dem Namen „Langbärte“ gekommen war, und bietet dann einen kompakten Überblick von den undeutlichen Anfängen in der Spätantike über das Erscheinen der Langobarden in Italien bis zur Eroberung ihres Reichs durch Karl den Großen im 8. Jahrhundert.

Das Grundgerüst bildet die Ereignisgeschichte, in der neben Angehörigen des langobardischen Königshauses und Kirchenleuten immer wieder die recht unabhängig vom und nicht selten in Opposition zum Herrscher agierenden Herzöge prägend hervortraten. Eingefügt in diesem Rahmen erfährt man aber auch viel über Rechtssystem, Wirtschaftspolitik, Religiosität, erhaltene Kunst- und Bauwerke sowie Sprache und Namen (die aus heutiger Sicht eher witzig anmutende Kombinationen langobardischer und lateinischer oder christlicher Elemente enthalten konnten, wie etwa „Johannipertus“).

Die für einen so kurzen Band sehr fein differenzierte Gliederung erleichtert dabei das Auffinden einzelner Themen, zu deren Vertiefung die abschließenden kommentierten Literaturhinweise einen ersten Ansatzpunkt bilden. Kartenmaterial und einzelne Abbildungen ergänzen den Text ebenfalls sinnvoll.

Das auffälligste Charakteristikum des Buchs ist aber wohl, wie anschaulich und allgemeinverständlich es deutlich macht, inwieweit die nur etwa zweihundert Jahre langobardischer Herrschaft bis weit in spätere Epochen nachwirkten und es teilweise heute noch tun, sei es im Politischen, was etwa die Entstehung des Kirchenstaats oder generell die Zersplitterung Italiens in verschiedene Herrschaftsbereiche betrifft, oder auf sprachlicher Ebene, z. B. in Ortsnamen in Norditalien.

Stefan Esders schreibt gut lesbar und oft auch mit einem Schuss Humor, der bei allem wissenschaftlichen Ernst den Unterhaltungswert der Quellen nicht zu kurz kommen lässt. Wer also wissen möchte, weshalb ein langobardischer Herzog einmal von einem Diakon verlangte, ihn nur mit frisch gewaschener Unterhose aufzusuchen, muss Die Langobarden ebenso zur Hand nehmen, wie es all diejenigen tun sollten, die einen hilfreichen Überblick über eine bewegte Epoche der italienischen Geschichte suchen.

Stefan Esders: Die Langobarden. Geschichte und Kultur. München, C. H. Beck, 2023, 128 Seiten.
ISBN: 978-3-4068-0033-7


Genre: Geschichte