Die Kelten erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit: Neben archäologischen Funden und historischer Bedeutung faszinieren insbesondere auch ihre Kunst und ihre reiche Mythologie. So ist es nur konsequent, dass Anne Bernhardi und Birgit Fricke in ihrer für junge Leser gedachten Einführung Die Kelten, die aber auch als lockerer und charmanter Einstieg für Erwachsene taugt, den überzeugend aufbereiteten Sachinformationen gefällige Nacherzählungen irischer und walisischer Sagen an die Seite stellen.
Grundgerüst des Buchs sind thematisch und kulturhistorisch orientierte Kapitel (z.B. zu Gesellschaft, Lebensformen, Krieg und Religion), in die zugleich Hinweise zur Ereignisgeschichte der Kelten von der Hallstattzeit bis hin zur „Irischen Renaissance“ des 19. und frühen 20. Jahrhunderts eingeflochten sind (wobei die späteren Epochen weitaus selektiver behandelt werden als die früheren).
Bei aller der Zielgruppe geschuldeten Raffung und Vereinfachung ist die Darstellung bis auf einige kleine Fehler, die sich eingeschlichen haben (so gab es z.B., anders als hier angegeben, nie ein Jahr 0), kenntnisreich und spart auch heikle und für heutige Gemüter potentiell abschreckende Aspekte (wie etwa den keltischen Kopfkult) nicht aus, ohne sie zu dämonisieren. Neben Quellenzitaten wird durchaus auch überzeugende Quellenkritik geboten (etwa an der Außenperspektive der Griechen und Römer auf das Leben der „Barbaren“) und mehr als einmal eingestanden, dass vieles eben nicht genau zu rekonstruieren und dementsprechend strittig ist. Die ferne Zeit bleibt damit über weite Strecken die Verborgene Welt der Barden und Druiden, die der Untertitel heraufbeschwört, wenngleich in der Formulierung gewiss auch ein wenig die in den literarischen Adaptationen evozierte Anderswelt mit anklingen soll. Wann immer möglich wird auch mit liebgewonnenen Klischees aufgeräumt – Asterix und seine ständig mit der Wildschweinjagd beschäftigten Mitgallier sind, wie rasch deutlich wird, in Sachen keltischer Kultur eben doch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ein nützlicher Anhang mit Glossar samt Aussprachehilfen für keltische Namen, sparsamer Bibliographie, Zeitleiste und Liste von Keltenmuseen im deutschsprachigen Raum rundet das Angebot des Bandes ab.
So empfehlenswert der Text allein insgesamt auch schon wäre, er ist höchstens das halbe Buch. Denn dieses lebt vor allem von Anne Bernhardis ebenso prachtvollen wie sensiblen Illustrationen: Von akkuraten Wiedergaben archäologischer Funde über fabulierfreudige Phantastiedarstellungen aus der Welt der Mythen bis hin zu vielen, vielen Kelten (die – soweit männlichen Geschlechts – oft mit herrlich übersteigerten Schnurrbärten ausgestattet sind), gibt es hier allerlei zum Schwelgen und Schmunzeln zu entdecken. Das Titelbild kann allenfalls einen kleinen Eindruck vermitteln, aber nicht adäquat auf die Kunstfülle vorbereiten, die einen zwischen den Buchdeckeln erwartet. Auch diese ist eine ganz eigene Verborgene Welt, die man mit Wonne erforscht und sicher auch nach der Erstlektüre von Zeit zu Zeit wieder aufsuchen möchte.
Anne Bernhardi, Birgit Fricke: Die Kelten. Verborgene Welt der Barden und Druiden. Hildesheim, Gerstenberg, 2. Aufl. 2010, 128 Seiten.
ISBN: 978-3836953238