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Das Herz einer Honigbiene hat fünf Öffnungen

Honigbienen zählen als Bestäuber von Pflanzen und Honigproduzenten zu den Tieren, die mit den Menschen am engsten verbunden sind. Gezähmt sind sie trotz jahrtausendealter Bienenhaltung bis heute nicht, und ihre erst spät wirklich in Schwung gekommene Erforschung hält immer noch so manche Überraschung parat. Wer auf unterhaltsame und berührende Art mehr über die kleinen Insekten, ihre Lebensweise und die Geschichte ihrer Koexistenz mit uns erfahren möchte, findet in Helen Jukes Erfahrungsbericht Das Herz einer Honigbiene hat fünf Öffnungen genau die richtige Lektüre.
Nach zahllosen Umzügen verschlägt es die dreißigjährige Helen Jukes für längere Zeit nach Oxford, doch weder das schimmelbefallene Haus, das sie sich mit einer Freundin teilt, noch der von Stress und Reibereien geprägte Bürojob lässt so etwas wie ein Heimatgefühl aufkommen. Das ändert sich, als ein Geschenk sie zwingt, ihr altes Interesse an der Imkerei nicht mehr nur in Gedankenspielen zu verfolgen, sondern endlich Nägel mit Köpfen zu machen: Das Bienenvolk, das sie bekommt, muss schließlich untergebracht und versorgt werden, und es gibt noch viel über die neuen Mitbewohner im Garten herauszufinden.
An diesem Wissen lässt Jukes ihre Leserinnen und Leser in der Schilderung ihres ersten Jahres als Imkerin teilhaben, doch die naturkundlichen und forschungshistorischen Informationen sind so liebevoll um persönliche Eindrücke bereichert, dass nie der Eindruck aufkommt, ein trockenes Sachbuch vor sich zu haben. So lernt man nicht nur den ungewöhnlichen Körperbau der Bienen, ihre Nahrungssuche und ihr Sozialverhalten kennen, sondern auch ihre Bedrohung durch Insektengifte wie etwa Neonicotinoide. Auch die auf Hochleistung getrimmte moderne Imkerei selbst hat jedoch ihre Tücken für die Tiere, so dass Jukes sich für eine auf den ersten Blick unpraktischere, dafür aber natürlichere Haltungsform entscheidet und sich mit Gleichgesinnten vernetzt. Bisweilen hilft ihr daneben der Blick in die Geschichte weiter: Insbesondere die Untersuchungen des blinden Schweizers François Huber, der im 18. Jahrhundert die Bienenforschung entscheidend voranbrachte, und des amerikanischen Pastors Lorenzo Langstroth, dessen im 19. Jahrhundert in die Imkerei eingeführte Neuerungen bis heute nachwirken, beeindrucken sie stark und werden immer wieder lebendig gewürdigt.
Beide Männer dienen Jukes zugleich als Beispiele dafür, wie die Beschäftigung mit Bienen Menschen helfen kann, Einschränkungen oder Belastungen in ihrem eigenen Leben zu bewältigen. Denn diese Erfahrung macht Jukes Schritt für Schritt selbst, während sie das Wachsen ihres Bienenvolks verfolgt und auf die erste Honigernte wartet. Die genaue Naturbeobachtung und die Verantwortung für die Tiere verändern viel in ihr selbst, und durch die Bienen erleichterte Begegnungen mit teilweise herrlich exzentrischen alten und neuen Bekannten tun ein Übriges, sie aus dem sinnentleerten Arbeitsalltag ausbrechen zu lassen. So findet sie neben einer neuen Aufgabe ganz allmählich auch die Liebe und eine wirksamere Art, mit Schwierigkeiten umzugehen.
Das alles ist in bester englischer Sachbuchtradition sehr zugänglich beschrieben, ohne je anspruchslos zu werden. Neben allem, was man so ganz entspannt über Bienen lernt, findet man in Jukes‘ Geschichte auch Denkanstöße für das eigene Leben und indirekt die Ermutigung, neue Wege einzuschlagen. Wenn ein Buch einem also ebenso viel nützt, wie es beim Lesen Freude macht, dann garantiert Das Herz einer Honigbiene hat fünf Öffnungen. Uneingeschränkte Lektüreempfehlung!

Helen Jukes: Das Herz einer Honigbiene hat fünf Öffnungen. Köln, DuMont, 2018, 304 Seiten.
ISBN: 9783832183639


Genre: Sachbuch allgemein