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Ein Magier im (Un)Ruhestand

Magier Amerial hat seine Zauberkraft im Dienste der sieben Kaiserinnen in höchster Not wortwörtlich restlos aufgebraucht, und so bleibt ihm nur der Rückzug in den verfrühten Ruhestand auf seinem ererbten Landgut Toron, dessen Bewirtschaftung er bisher einem Verwalter überlassen hat. Als er, begleitet von seiner kleinen Drachin Vezza, nach einem Kutschenunfall reichlich derangiert spät abends dort auftaucht, ist nur der erst seit kurzem in Toron arbeitende Elfenschmied Jarsin noch wach, um ihn in Empfang zu nehmen. Schon bei dieser ersten Begegnung sind die beiden Männer höchst angetan voneinander, und da beide sich sehr für Drachen begeistern können, kommen sie sich über das geteilte Interesse näher. Schnell entspinnt sich in der ländlichen Frühlingsidylle eine Liebesgeschichte, doch schon drohen Schwierigkeiten: Amerial sieht sich unerwartet mit einer alten Bekannten konfrontiert, deren Anwesenheit bedeutet, dass er mehr auf der Hut bleiben muss, als er es in seinem neuen Zuhause erwartet hätte. Jarsin wiederum hat ein Geheimnis, das ihm einen längeren Aufenthalt in Toron unmöglich machen könnte, und auch Vezza hat bald eigene Pläne …

Tanja Rasts Roman Ein Magier im (Un)Ruhestand ist leichte, sympathische Cozy Fantasy, in der es, einmal abgesehen von Amerials in der Vergangenheit liegendem Aufopfern seiner Magie, nicht um wilde Abenteuer und Rettungstaten geht, sondern um das alltägliche Leben in einem Dorf, in dem sich durch ein paar Neuzugänge Veränderungen ergeben, aber der Betrieb von Bäckerei und Wäscherei, die Reparatur landwirtschaftlicher Geräte, kuriose topographische Bezeichnungen und nicht zuletzt kleine Drachen (wilde wie zahme) mit einer Vorliebe für Trockenfrüchte und Kirschkompott eine wichtigere Rolle spielen als die große weite Welt, von der Toron gleichwohl nicht abgeschnitten ist, wie sich insbesondere in der zweiten Buchhälfte erweist.

Auch das, was Amerial und Jarsin zu bewältigen haben, um endgültig zueinanderzufinden, ist äußerlich nicht unbedingt hochdramatisch, und das nicht nur, weil sich hier einfach zwei nette Männer kennen und schätzen lernen, was sich wohltuend von den teilweise doch ziemlich extremen Enemies-to-Lovers-Konstellationen, die in der Romantasy gerade in Mode sind, abhebt. Vielmehr ist Amerials größte Schwierigkeit neben dem Einfinden in das ungewohnte Dasein als Gutsherr die Auseinandersetzung mit dem zwar bewusst in Kauf genommenen, aber durchaus quälenden Verlust seiner Magie.

Glaubt er erst noch, damit allein fertigwerden zu müssen, darf er im Laufe der Geschichte erkennen, dass sich andere rührend um ihn sorgen und bereit sind, ihm zu helfen, neben seinem etwas exaltierten Magierfreund Variat (übrigens ebenfalls in Drachenbegleitung unterwegs) natürlich auch Jarsin. Und auch dessen Geheimnis ist kein so fürchterliches, dass es ein entscheidendes Hindernis auf dem Weg zum Happy End darstellen würde. Zwar wünscht man sich eine Erklärung dafür, dass er von mehreren Personen, die ihn vor seiner Zeit in Toron durchaus zumindest vom Sehen gekannt haben könnten (in einem Fall sogar eher: gekannt haben sollten), für einen Fremden gehalten wird, aber dass die Frage offen bleibt, warum genau es sich so verhält, tut dem Lesevergnügen insgesamt keinen Abbruch, besonders, weil die Art, wie Tanja Rast Amerial mit der letztendlichen Enthüllung, wen er vor sich hat, umgehen lässt, gelungen und für die Figur und ihren Werdegang stimmig ist.

Eine kleine Warnung ist allerdings angebracht: Auf nüchternen Magen sollte man das Buch nicht unbedingt in Angriff nehmen, sonst findet man es am Ende genauso unfair wie die kleinen Drachen, wenn man von den geschilderten kulinarischen Köstlichkeiten wie Mandeltarte und überbackenen Kräutertalern ausgeschlossen bleibt. Apropos Drachen: Bereits die allein sind den Buchkauf mehr als wert, denn die Schilderungen, wie sie, immer auf einen Leckerbissen aus, das Leben von Menschen und Elfen auf liebenswerte Weise auf den Kopf stellen und daneben ihr eigenes führen, machen einfach großen Spaß. Wer eine amüsante, flott „wegzulesende“ Wochenendlektüre mit viel Herz und Humor sucht, kann mit dem Magier im (Un)Ruhestand also nicht viel falsch machen.

Tanja Rast: Ein Magier im (Un)Ruhestand. Bredenbek 2025 (E-Book).
ISBN: 978-3-7592-8241-5


Genre: Roman