Der antike Gelehrte Claudius Ptolemäus erwähnt in seiner Geographie eine keltische Stadt namens Menosgada. Der Ort, der zur Zeit des Ptolemäus schon untergegangen war, wird in der Forschung mit einem keltischen Oppidum auf dem Staffelberg in Franken identifiziert. Diese Stätte und die dort gemachten Funde, aber auch die keltische Kultur insgesamt stellt Markus Schußmann, der die Ausgrabungen einer latènezeitlichen Toranlage auf dem Staffelberg leitete, in Menosgada. Die keltische Stadt auf dem Staffelberg vor.
Auch wenn der Staffelberg mit Unterbrechungen seit der Hallstattzeit von Kelten besiedelt war, steht im Zentrum der Darstellung die spätkeltische Zeit, in der das Oppidum eine kurze Blüte erlebte, bevor es – wie so viele andere auch – im 1. Jahrhundert v. Chr. aufgegeben wurde, vermutlich infolge einer Klimaverschlechterung, die gesellschaftliche Verwerfungen und Wanderbewegungen ausgelöst haben könnte.
Reich bebildert und mit einem ausführlichen Glossar versehen, ist das Buch, das als – so der Untertitel – Ein archäologischer Führer gedacht ist, auch für Nichtfachleute unmittelbar anschaulich und zugänglich gestaltet, aber dennoch nicht oberflächlich. Einführendes zur Geologie des aus mehreren deutlich erkennbaren Schichten zusammengesetzten Staffelbergs und ein forschungsgeschichtlicher Abriss zu seiner Archäologie sind ebenso zu finden wie Kapitel über die erhaltenen Befestigungsanlagen, ihre Tore, das Straßen- und Wegesystem, die Gliederung der Siedlung, Kriegertum, Wirtschaft und Religion. Farblich hervorgehobene Exkurse geben Überblicke über Themen, die über Menosgada selbst hinausgreifen, so etwa Kleidung oder Ernährung in keltischer Zeit.
Diese Hintergrundinformationen zu Alltags- und Sozialgeschichte der Epoche helfen bei der Einordnung von Funden und Befunden vom Staffelberg selbst. Schöne und beeindruckende Stücke, wie etwa kunstvolle Fibeln oder Münzen, werden ebenso vorgestellt wie Entdeckungen, die aus heutiger Sicht beklommen stimmende Schattenseiten der keltischen Kultur greifbar werden lassen. So gibt es etwa Belege für einen regen Sklavenhandel oder für die Sitte, die Schädel getöteter Feinde an prominenter Stelle – hier in beträchtlicher Zahl am Weg zum Westtor – zur Schau zu stellen.
Trotz des relativ geringen Umfangs des Buchs hat man deshalb nach der Lektüre den Eindruck, über den Staffelberg hinaus einen schlaglichtartigen Blick auf die keltische Gesellschaft der Spätlatènezeit erhascht zu haben. Statt als archäologischer Führer für eine spezifische Fundstätte kann Menosgada also auch gut als Einstieg dienen, um etwas über die Kelten in Süddeutschland allgemein zu erfahren.
Markus Schußmann: Menosgada. Die keltische Stadt auf dem Staffelberg. Ein archäologischer Führer. Regensburg, Verlag Friedrich Pustet, 2022, 128 Seiten.
ISBN: 978-3-7917-3315-9