Römisches Kochbuch

Die Aufbereitung historischer Rezepte für moderne Geschmäcker und Bedürfnisse liegt im Trend, und gerade die römische Küche, aus der mit dem sogenannten Kochbuch des Apicius, aber auch mit einzelnen Anleitungen etwa bei Cato und Columella die genaue Zubereitung zahlreicher Gerichte überliefert ist, bietet in der Hinsicht ein dankbares Betätigungsfeld.
Robert Maiers Römisches Kochbuch ist ein besonders gut konzipiertes Beispiel für einen solchen kulinarischen Ausflug ins alte Rom, das durch große Sachkenntnis besticht. Bevor es zu den eigentlichen Rezepten geht, verrät eine kurze Einführung viel Wissenswertes über die römische Küche. Neben den üblichen Hinweisen zu damals noch nicht bzw. heute nicht mehr bekannten Zutaten und einer Vorstellung der wichtigsten Quellen geht es dabei auch um Feinheiten, die man sonst selten bedenkt (etwa darum, dass bestimmte Gemüsesorten heute größer gezüchtet werden, als sie es in der Antike waren), und um Traditionen, die bis heute überdauert haben: So lassen sich etwa die Ursprünge mancher Arten von Wurst und Gebäck, die in bestimmten italienischen Regionen immer noch gängig sind, bis in die Römerzeit zurückverfolgen. Daneben finden sich interessante Überlegungen zum Preis von Lebensmitteln in der Antike. Zumindest einzelne Werte haben sich hier nicht sehr verändert: Umgerechnet kostete ein Ei zur Zeit des Kaisers Diokletian ungefähr das Gleiche wie heute ein Bio-Ei.
Die eigentlichen Rezepte sind nach den Kategorien Getränke, Eingemachtes, Vorspeisen, Hauptgerichte, Beilagen, Nachspeisen und Gebäck geordnet. Neben heute gängigen Mengenangaben und Zubereitungsempfehlungen bieten sie immer wieder auch durchdachte Detailtipps (z.B. sind Hinweise enthalten, wann man in einem Rezept besser etwas verändern sollte, weil der Garprozess sonst bei einem modernen Herd oder Ofen nicht zum selben Resultat führt wie bei der Nutzung der jeweiligen antiken Pendants).
Trotz dieser Anpassung an unsere Möglichkeiten und Kochgewohnheiten ist das Römische Kochbuch aber eines der wenigen seiner Art, das neben alltäglichen Rezepten ganz bewusst auch solche für schwelgerische Feste enthält. Wer also schon immer wissen wollte, wie er ein Spanferkel mit Füllung aus Hähnchen, Wachteln, Weinbergschnecken und allerlei Gemüse und Früchten zubereiten kann – hier gibt es die Schritt-für-Schritt-Anleitung, komplett mit der wenig überraschenden Versicherung, dass man damit garantiert „eine große Anzahl von Gästen“ satt bekommt. Wahrscheinlich wird man zwar eher etwas einfachere Speisen spontan nachkochen (z.B. eines der vielen empfehlenswerten Pilzgerichte), aber es verdient doch Anerkennung, dass Robert Maier nicht einfach unterschlägt, dass auch solch übersteigerte Üppigkeit durchaus Teil der gehobenen römischen Küche war, und sich tatsächlich an eine Umsetzung wagt.
Aber keine Sorge: Auch Vegetarier und Veganer kommen hier auf ihre Kosten, und die Menüvorschläge, die das Buch abrunden, sind jeweils so gekennzeichnet, dass man schnell erkennt, ob sie nur für Fleisch- und Fischfans oder speziell für die Freunde rein pflanzlicher Nahrung geeignet sind.
Nur eines fehlt dem kompakten Taschenbuch: eine Bebilderung. Wer wissen möchte, wie die römischen Gerichte denn nun zubereitet aussehen, hat keine Wahl, als sich ans Nachkochen zu machen – aber das lohnt sich durchaus.

Robert Maier: Römisches Kochbuch. Rezepte für die moderne Küche. Stuttgart, Reclam, 2015, 257 Seiten.
ISBN: 9783150110195


Genre: Geschichte, Sachbuch allgemein