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Stadt, Land, Fuchs

Immer mehr Wildtiere sind in den letzten Jahren auch oder gar vor allem in den Städten anzutreffen. Warum das der Fall ist und welche Besonderheiten eine Auswahl von ihnen sonst noch aufweist, schildert der Biologe Josef H. Reichholf in Stadt, Land, Fuchs. Das Leben der heimischen Säugetiere. Ein erschöpfender Überblick über sämtliche in Deutschland und seinen Nachbarländern vorkommenden Säugetiere ist dabei nicht angestrebt, und auch in den Porträts der beispielhaft vorgestellten Arten wird nicht jedes Detail ihrer Biologie ausgelotet, sondern in leicht lesbarer und durchaus unterhaltsamer Form Wissenswertes über ihre Lebensweise und vor allem auch die Probleme, die das Zurechtkommen in einer vom Menschen dominierten Umwelt mit sich bringt, vermittelt.

Neben dem titelgebenden Fuchs begegnen einem so von eher kleinen Wesen wie Spitzmaus und Eichhörnchen bis hin zu beachtlich großen wie Wolf und Rothirsch allerlei Säugetiere, die sich ihren Lebensraum gezwungenermaßen mit uns teilen und darunter oft zu leiden haben. Über weite Strecke ist das Buch ein Anprangern der Art, wie heutzutage Landwirtschaft und Jagd betrieben werden, und ein Werben um eine bessere Koexistenz mit den Tieren auch auf dem Land und nicht nur im städtischen Raum. Jedem Kapitel ist eine schöne Illustration von Johann Brandstetter vorangestellt, die das jeweils im Zentrum stehende Tier wirkungsvoll in Szene setzt. Der Text selbst hat neben Aufrüttelndem und betroffen Stimmendem auch viel Amüsantes zu bieten, ganz gleich, ob es nun um straßenverkehrserfahrene Wildschweine, schwimmende Maulwürfe oder scheintote (und im unerwarteten Moment wieder zum Leben erwachende) Ziesel geht.

Allerdings muss man an Stellen, an denen Reichholf sich von seinem Fachgebiet entfernt, leider genau aufpassen, um keiner Fehlinformation aufzusitzen. So führt er das Wort Trophäe auf das griechische trophein, ernähren, zurück (S. 186 und noch einmal S. 207), eine ungewöhnliche Etymologie, da es eigentlich Konsens ist, den Begriff über das lateinische tropaeum vom griechischen tropaion herzuleiten, dem aus erbeuteten Waffen an dem Ort, an dem die Wendung (trope) des Feindes zur Flucht stattgefunden hatte, errichteten Siegesdenkmal (ein sprachlicher Zusammenhang, der z. B. noch an der französischen Bezeichnung Trophée des Alpes für ein altrömisches Siegesmonument deutlich wird). Auch heißt es über den berühmt-berüchtigten Elchtest, der vor Jahrzehnten Schlagzeilen machte, als ein Mercedes ihn nicht bestand, das Auto sei dabei „nach einer Kollision mit Europas größtem Hirsch umgestürzt“ (S. 211). Für den hypothetischen Elch kann man froh sein, dass es in der Realität nur um ein schnelles Ausweichmanöver ging.

So bleibt am Ende nach der Lektüre ein geteilter Eindruck zurück. Einerseits ist Stadt, Land, Fuchs ein lesenswertes und in seinem Eintreten für einen besseren Umgang mit den heimischen Säugetieren auch sehr wichtiges Buch, aus dem man viel Interessantes mitnehmen kann. Andererseits wünscht man sich doch, dass das Lektorat bei Kleinigkeiten abseits der Biologie inhaltlich besser aufgepasst hätte, und fragt sich unwillkürlich, ob bei den Kernthemen auch mit solchen Ungenauigkeiten zu rechnen ist. Das wäre schade, möchte man das äußerlich besonder schön gestaltete Werk doch eigentlich mögen und auf seine Zuverlässigkeit vertrauen können.

Josef H. Reichholf: Stadt, Land, Fuchs. Das Leben der heimischen Säugetiere. Mit Illustrationen von Johann Brandstetter. Berlin, Aufbau, 2022, 302 Seiten.
ISBN: 978-3-351-03856-4


Genre: Sachbuch allgemein
Illustrated by Johann Brandstetter