Als Franken fränkisch wurde

Die heutige Region Franken wurde im Zuge des Frühmittelalters von den Menschen besiedelt, deren Namen sie bis heute trägt. Archäologische Zeugnisse aus dieser Epoche sind 2021 im Knauf-Museum Iphofen in der Ausstellung Als Franken fränkisch wurde zu sehen. Der gleichnamige Aufsatzband gibt, thematisch breit aufgestellt, einen Überblick über Siedlungsgeschichte, Ernährung, Begräbnissitten, Religion, Kunst und Burgenbau im Franken der Merowinger- und teilweise auch noch Karolingerzeit.

Dirk Rosenstock skizziert in seinem Beitrag Die Eingliederung Frankens in das Merowingerreich die Ereignisgeschichte, die den Rahmen bildet, in die sich die archäologischen Funde und Befunde einordnen lassen. Weitere Grundlagen liefern Anja Pütz und Ralf Obst mit Merowingerzeit in Mainfranken, indem sie nicht nur einen Forschungsüberblick bieten, sondern auch naturräumliche Besonderheiten und unterschiedliche Fund- und Gebäudetypen erklären.

Mit An der Quelle – die Siedlung im Dornheimer Grund steuert Anja Pütz auch den ersten auf ein konkretes Grabungsareal bezogenen Beitrag des Buches bei. Hier geht es um die unter heutigem Ackerland gelegenen und daher nicht überbauten Reste einer wohl im 6. Jahrhundert gegründeten Siedlung, in der zahlreiche Funde Rückschlüsse auf den Alltag ihrer Bewohner, aber auch z.B. auf Kontakte zum Rheinland, aus dem Gefäße in den Dornheimer Grund gelangten, zulassen.

Ein fränkisches Christentum mit germanischem Hintergrund stellt Margarete Klein-Pfeuffer in den Mittelpunkt des nächsten Kapitels und erläutert sowohl synkretistische Erscheinungen (wie den gleichzeitigen Gebrauch christlicher und paganer Amulette) als auch das Eigenkirchenwesen, das im Frühmittelalter lange das Praktizieren eines zentraler Kontrolle weitgehend entzogenen Christentums gestattete. Bei der Besprechung heidnischer Glaubensüberzeugungen hätte man sich hier allerdings eine schärfere Trennung zwischen dem kontinentalgermanischen Raum und den altnordischen Überlieferungen der Wikingerzeit gewünscht.

Irdischeren Themen wendet sich Irene Mittermeier in Schinken und Ei – zu Speisebeigaben in merowingerzeitlichen Gräbern am Maindreieck zu und zeigt anschaulich, wie viel das Totenbrauchtum über die Speisevorlieben der Lebenden verraten kann, bis hin zu Details wie der zu vermutenden Bevorzugung von Rindfleisch im Alltag und Reservierung von Schweinefleisch für festliche Anlässe.

In einem zweiten, sehr gelungenen Beitrag widmet sich Margarete Klein-Pfeuffer den Ornamenten, die z.B. Schmuck und Trachtbestandteile zierten. Eine besondere Kunstrichtung bei den Franken: Der germanische Tierstil enthält, quasi als „Lesehilfe“ zu den auf den ersten Blick oft verwirrenden Darstellungen, zahlreiche Umzeichnungen, die es erleichtern, die zu prächtigen Knoten verschlungenen Tiere zu erkennen und zu verstehen.

In die politische Geschichte führt das Kapitel Frühmittelalterliche Burgen in Franken im Kontext von fränkischer Expansion und Frankisierung. Peter Ettel spürt hier dem Burgenbau nach, der nach der Entmachtung der Alamannen erst einmal abbrach, um erst in spätmerowingischer und karolingischer Zeit wieder forciert zu werden und nun vor allem der Festigung der Königsmacht zu dienen.

Vor diesem Hintergrund stellt Benjamin Spies in seinem Aufsatz die Frage Der Würzburger Marienberg – eine fränkische Burg? Obwohl auf dem Marienberg durch die Errichtung der Festung in der Frühen Neuzeit nur sehr wenige fränkische Funde erhalten sind, lässt sich die Frage wohl bejahen.

Ist Würzburg heute noch überregional bekannt, war der Ort, den Peter Ettel in seinem zweiten Beitrag in den Blick nimmt, im Frühmittelalter bedeutender als heute. Vom König zum Bischof. Castellum, monasterium und villa Karloburg – ein fränkischer Zentralort am Main zeichnet die Entwicklung von Karlburg nach, das möglicherweise von den frühen Karolingern als Gegengewicht zum noch von später verdrängten örtlichen Herzögen regierten Würzburg gedacht war.

Die karolingisch-ottonische Königspfalz Salz war ein weiterer für die frühmittelalterlichen Herrscher wichtiger Ort, dem Petra Wolters gleich zwei Beiträge widmet. Geht es im ersten um den umfangreichen königlichen Besitz im Einzugsgebiet der Fränkischen Saale und dessen allmählichen Bedeutungsverlust bis zur Zerstückelung durch verschiedene Schenkungen im 11. Jahrhundert, lokalisiert der zweite, Der Veitsberg – Zentrum des Pfalzgebietes Salz die eigentliche, ungewöhnlich stark befestigte Königspfalz auf dem Veitsberg, auf dem Tierknochenfunde die Nutzung unter anderem als eine Art Jagdschloss belegen.

Zusammen mit der reichen Bebilderung, die neben Fundfotos auch Kartenmaterial und Rekonstruktionszeichnungen umfasst, entsteht so ein regionalhistorisches Panorama, das über Archäologische Funde der Merowingerzeit, wie sie im Untertitel versprochen werden, noch hinausgeht. Allen, die sich für das Frankenreich interessieren, bietet der Band daher anregende und informative Lektüre. Nur das vorangestellte Grußwort des bayerischen Ministerpräsidenten, der an den zugrundeliegenden Forschungen offenbar eher die potenzielle Förderung des Lokalpatriotismus als den zu erwartenden historischen Erkenntnisgewinn zu schätzen weiß, muss man wohl mit Humor nehmen, statt sich dadurch von der Lektüre abschrecken zu lassen.

Margarete Klein-Pfeuffer, Markus Mergentaler (Hrsg. im Auftrag des Knauf-Museums Iphofen): Als Franken fränkisch wurde. Archäologische Funde der Merowingerzeit. Oppenheim, Nünnerich-Asmus Verlag, 2021, 224 Seiten.
ISBN: 978-3-96176-120-3

 

 


Genre: Geschichte