Buchtipps: Natur

Eigentlich stehen auf Ardeija.de neben Geschichte und Belletristik Kunst und Kultur im Vordergrund, aber ein Abstecher hinaus in die Natur kann gerade jetzt im Frühling nicht schaden. Hier also drei Lieblingsbücher, die ein wenig aus dem Kerngebiet dieser Website wegführen:

Die Seele des Raben

Zugegeben, der Titel der deutschen Ausgabe lässt einen eher an irgendetwas zwischen Fantasy und Esoterik denken, aber weit gefehlt. Bernd Heinrichs Ravens in Winter (so der Originaltitel) sind vielmehr aus der Perspektive des Verhaltensforschers geschrieben,und für jeden, der sich für Raben interessiert, unverzichtbar. Alle anderen werden sich spätestens nach der Lektüre ebenfalls sehr für Raben begeistern können, so spannend werden die klugen Vögel, ihre sozialen Beziehungen und ihre Intelligenz hier geschildert. Grundlage der Darstellung sind in den 1980er Jahren erfolgte Beobachtungen in Nordamerika, die sehr detailliert wiedergegeben und ausgewertet werden. Zugleich aber beschreibt Heinrich persönlich und mitreißend die lebenslange Faszination, die Raben auf ihn ausüben. Erwähnenswert sind auch die schönen Zeichnungen, die als Illustrationen dienen.

Bernd Heinrich: Die Seele des Raben. Eine zoologische Detektivgeschichte. Frankfurt am Main, Fischer Taschenbuch Verlag, 1994, 410 Seiten. ISBN: 3596116368

Naturgeschichte(n)

Auch das zweite Buch dieses Beitrags ist mit wunderbaren Zeichnungen illustriert (in diesem Fall von Claudia Bernhardt), aber anders als das erste beschränkt es sich nicht auf ein einziges Thema, sondern bietet vielmehr einen bunten Blumenstrauß kurzer Artikel zu allen möglichen Aspekten der Biologie. Ob Evolution oder Ökologie, die gewählten Beispiele sind angenehm locker und leicht zu lesen und decken ein breites Spektrum ab, von Artentwicklung und Verhaltensforschung über die Wechselwirkung von Natur und Kultur oder die Einbürgerung von Neozoen bis hin zur zunehmenden Besiedlung der Städte durch Wildtiere. Auch wenn manche Überlegung gerade in Zusammenhang mit den kulturellen Betrachtungen oder der Frage nach der menschlichen Einstellung der Umwelt gegenüber eher als Denkanstoß funktioniert, als dass man sie blind unterschreiben möchte, sind die Naturgeschichte(n) äußerst anregend und spannend.

Joseph H. Reichholf: Naturgeschichte(n). Über fitte Blesshühner, Biber mit Migrationshintergrund und warum wir uns die Umwelt im Gleichgewicht wünschen. München, Knaus, 2011, 319 Seiten. ISBN: 9783813503784

Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa

So gern man sich mit einzelnen Tierarten oder mit anderen Details der Biologie beschäftigen mag, in sehr hohem Maße wird die Naturerfahrung auch von der Gesamtwahrnehmung der umgebenden Landschaft geprägt. Wie diese eigentlich entstanden ist und sich bis heute, nicht zuletzt durch menschliche Einflüsse, immer wieder verändert, ist Gegenstand von Hansjörg Küsters reich mit Fotos bebilderter Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa. Deutlich wird hier vor allem, dass das romantische Bild einer bis zur Industrialisierung heilen und nahezu unberührten Umwelt so nicht stimmt: Schon seit der Jungsteinzeit sind weite Teile Mitteleuropas alles andere als urwüchsige Wildnis, so dass auch sogenannter „Naturschutz“ oft eher in der Bewahrung einer bestimmten Form von Kulturlandschaft und ihrer Bewohner besteht. Dies ist sicher nicht die einzige, aber vielleicht die wichtigste Perspektive, die Küsters lesenswertes Buch einem eröffnen kann.

Hansjörg Küster: Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa. Von der Eiszeit bis zur Gegenwart. München, C.H. Beck, 4. Aufl. 2010, 448 Seiten. ISBN: 9783406608490


Genre: Sachbuch allgemein