Plutarch: Caesar

Der griechische Schriftsteller Plutarch ist heute vor allem für seine Parallelviten bekannt, in denen er jeweils die Biographie eines Griechen der eines Römers gegenüberstellte. Die handliche Reclamausgabe Caesar bietet die als Parallele zu Alexander dem Großen gedachten, Julius Caesar gewidmete Lebensschilderung in der flüssig zu lesenden Übersetzung von Marion Giebel, ergänzt um erläuternde Anmerkungen, eine Zeittafel und ein knappes Nachwort, das nicht nur den Text selbst behandelt, sondern auch einige Informationen zu Plutarchs Leben bereithält.

Vollständig erhalten ist Caesar leider nicht; die Jugendjahre des Protagonisten fehlen, und die behandelte Zeit umfasst Infolgedessen nur die Spanne von Caesars erster Ehe mit Cornelia bis zum Tod seiner Mörder Cassius und Brutus. Damit ist natürlich die Phase, in der Caesar politisch und militärisch aktiv war, abgedeckt, und so zählt die Biographie heute zu den wichtigsten historischen Quellen über ihn, auch wenn Plutarch sich, wie er selbst in der hier beigegeben Einleitung zu seinem Alexander erläutert, gar nicht als Geschichtsschreiber sah, sondern vorrangig das Ziel hatte, ein möglichst treffendes Charakterbild der Personen, die er jeweils in den Mittelpunkt stellte, zu entwerfen.

Im Falle Caesars ist dies kein unkritisches, denn obwohl Plutarch ihm für seine militärischen Fähigkeiten, seine Intelligenz und das Durchhaltevermögen, mit dem er trotz seiner Epilepsie alle möglichen Härten auf sich nahm, Respekt zollt, sieht er in Caesar doch vor allem einen Mann, der von übersteigertem Ehrgeiz getrieben war und von der Kompromisslosigkeit, mit der er seine hochgesteckten Ziele verfolgte, am Ende nicht viel mehr hatte, als sich unbeliebt genug zu machen, um von seinen Mitbürgern ermordet zu werden. Alles andere als ein panegyrisches Portrait also, dafür aber ein durchaus glaubhaftes und scharfsichtiges, an dem auch ein modernes Lesepublikum viel Freude haben kann, da Plutarch abwechslungsreich, unterhaltsam und mit viel Sinn für gute Anekdoten schreibt.

Zahlreiche Details, die man landläufig mit Caesar assoziiert, wie sein Veni, vidi, vici oder sein Ausspruch beim Überschreiten des Rubikon, finden sich bei Plutarch, aber umso interessanter ist, was in seiner Darstellung fehlt, so etwa das berühmte, angeblich an Brutus gerichtete Tu quoque, mi fili (bzw. griechisch καὶ σὺ τέκνον, wie bei Sueton überliefert) bei Caesars Ermordung: Denn laut Plutarch ist Caesar zwar betroffen, Brutus zu erkennen, verhüllt aber nur schweigend sein Gesicht, bevor er stirbt – wenn man es recht bedenkt, wohl die wahrscheinlichere Variante als hochdramatische letzte Worte.

Gerade weil also der Text nicht immer den modernen Erwartungen dessen, was man über Caesar zu wissen meint, entspricht, liest er sich verblüffend frisch und weiß an manchen Stellen zu überraschen. Auch unabhängig von seinem konkreten Thema eignet er sich deshalb gut dazu, zu entdecken (oder bei bestehendem Interesse bestätigt zu finden), wie viel Spaß literarische Werke aus der Antike auch heute noch machen können.

Marion Giebel (Hrsg. u. Übers.): Plutarch: Caesar. Stuttgart, Reclam, 1980/2015 (RUB 19292), 110 Seiten.
ISBN: 978-3-15-019292-4


Genre: Biographie