Von Glückszahl bis Geheimzahl

In ihrem vergnüglich zu lesenden Buch Von Glückszahl bis Geheimzahl wollen der Mathematiker Christian Hesse und der Meteorologe Karsten Schwanke zeigen, wie man – so der Untertitel – Mit Mathe die Rätsel des Alltags lösen kann. Wer daraufhin bloß eine Reihe von Rechentricks erwartet, wird positiv überrascht sein, denn die gibt es zwar in den 38 launig geschriebenen und betitelten Kapiteln auch, aber sie sind bei weitem nicht alles. Vielmehr findet man hier ein buntes Potpourri, das neben eigentlichen mathematischen Problemen auch allerlei naturwissenschaftliche Belange (vom Klimawandel bis zur Linkshändigkeit), Linguistisches, Psychologisches und Wissenschaftshistorisches für eine breite Leserschaft versammelt.

Die Autoren sind dabei vor allem bemüht, Berührungsängste abzubauen und gerade auch die Leserinnen und Leser, die von Haus aus keine großen Mathefans sind, für das Thema zu begeistern und selbst zum Rechnen anzuregen. Zu Anfang beginnt es darum noch recht einfach mit mathematischen Problemen, die einem so oder so ähnlich vielleicht auch schon einmal in anderen Büchern begegnet sind (wie etwa der Frage nach der Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen in einer Gruppe am gleichen Tag Geburtstag haben, oder dem anderswo auch unter dem Begriff „Ziegentür“ bekannten Drei-Türen-Problem). Nach und nach steigert sich dann der Schwierigkeitsgrad, aber keine Sorge: Hesse und Schwanke erklären so eingängig und humorvoll, dass man an keiner Stelle Schwierigkeiten hat, der Argumentation und den Rechenoperationen zu folgen.

Auf sehr unterhaltsame Art erfährt man so z.B., wie die Verschlüsselung bei Geheimzahlen funktioniert und wie Codierungssysteme sich historisch entwickelt haben, wie es um die Gewinnwahrscheinlichkeit bei verschiedenen Glücksspielen bestellt ist, wie sich die Fehlerquote bei medizinischen Testverfahren auswirkt, wie man aus einer kleinen Lebendfangmenge die Gesamtanzahl von Fischen in einem Teich hochrechnen kann, warum ein 60er-System beim Rechnen in historischer Zeit gegenüber dem heute verbreiteten Dezimalsystem eindeutige Vorteile hatte, wie Wetterphänomene mithilfe von Zahlen kategorisiert werden und was es mit der berühmten 42 als Antwort auf alle Fragen bei Douglas Adams auf sich hat (oder eben auch nicht).

Daneben gibt es aber auch noch ganz praktische Tipps, um etwa beliebige zweistellige Zahlen ohne große Mühe im Kopf zu multiplizieren, einen Kartentrick vorzuführen oder zu errechnen, wie viele Stufen eine Treppe hat, ohne jede einzeln zu zählen (wobei die Technik, die einem die Ermittlung der Anzahl geistig erleichtert, körperlich immer noch anstrengend genug klingt, wenn man sie – wie hier vorgeschlagen – auf eine Turmtreppe im Kölner Dom anwenden will). Ein Augenzwinkern ist eigentlich immer dabei und macht das Buch nicht nur lustig, sondern auch ziemlich liebenswert.

Ein bisschen mehr Genauigkeit hätte man sich allerdings bei manchen historischen Angaben abseits der eigentlichen Wissenschaftsgeschichte gewünscht. So ist mir z.B. nicht klar geworden, wie man ein 1707 erschienenes Rätsel in „die viktorianische Zeit“ (S. 21) einordnen kann.

Alles in allem jedoch bietet Von Glückszahl bis Geheimzahl interessante und bereichernde Lesestunden, und wer Mathematik in seiner Schulzeit nicht gerade zu seinen Lieblingsfächern gezählt hat, wird nach der Lektüre dieses Buchs seine Meinung vielleicht überdenken.

Christian Hesse, Karsten Schwanke: Von Glückszahl bis Geheimzahl. Mit Mathe die Rätsel des Alltags lösen. München, Droemer, 2020, 256 Seiten.
ISBN: 978-3426278192


Genre: Sachbuch allgemein