Als mittellose Witwe fristet Halla ein bescheidenes Dasein als Haushälterin eines angeheirateten Verwandten, bis der alte Herr stirbt und ihr überraschend sein beträchtliches Vermögen vermacht. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten bei den übrigen Angehörigen, und so will man Halla kurzerhand zu einer neuen Ehe zwingen, um Geld und Landbesitz in der Familie zu halten. Doch zu Hallas Erbe zählt auch ein magisches Schwert, in das der unsterbliche Krieger Sarkis gebannt ist – und der hat, sobald er erst einmal Bekanntschaft mit seiner neuen Besitzerin geschlossen hat, sehr viel dagegen einzuwenden, wie mit ihr umgesprungen wird …
Mit Swordheart kehrt T. Kingfisher (alias Ursula Vernon) in die Welt zurück, in der schon ihr Zweiteiler Clocktaur War (mit den Bänden Clockwork Boys und The Wonder Engine) angesiedelt war. Stand in der Dilogie noch ein klassischer Fantasyplot um die Weltenrettung vor einem übermächtigen Kriegsgegner im Vordergrund, dominiert hier die auch dort schon präsente persönliche Ebene vollends: Swordheart ist vor allem eine Liebesgeschichte zwischen Halla und Sarkis, und das Problem, das diesmal das Questenabenteuer auslöst, ist privater Natur, gilt es doch, Halla vor der ebenso gierigen wie rabiaten Verwandtschaft zu schützen und ihr Rechtsbeistand für die Bestätigung ihres Erbanspruchs zu sichern.
Auch hier tragen jedoch wieder die liebevoll gezeichneten Figuren das Buch. Halla und Sarkis sind in ihrer Verschiedenheit ein amüsantes Gespann und sich doch in einem Punkt ziemlich ähnlich: Beiden fällt es schwer, daran zu glauben, dass jemand sie um ihrer selbst willen wertschätzen oder gar lieben kann, haben andere sie doch zu lange nur als nützliches Mittel zum Zweck behandelt. Mit Zale, einem ohne eindeutiges Geschlecht auskommenden Mitglied der Priesterschaft des Rattengottes, und Brindle vom dachsartigen Volk der Gnole (offenbar verwandt mit Grimehug aus Clocktaur War) bilden die beiden eine Heldentruppe, die abgesehen vom hier fehlenden Meuchelmörder vergleichbar zusammengesetzt ist wie die des älteren Zweiteilers und teilweise auch ganz ähnliche Erlebnisse hat (so scheinen sich Banditenüberfälle, die nicht ablaufen wie geplant, bei Kingfisher langsam zum running gag zu entwickeln).
Trotz einiger vorhersehbarer Wendungen liest sich die wilde Reise durch verzauberte Landschaften, Gelehrtensammlungen, Gasthäuser und Städte spannend und unterhaltsam. Nur der Humor ist phasenweise zum Fremdschämen pubertär und oft auf Sexualität oder körperliche Ausscheidungen bezogen. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen. Auch das Lektorat hätte hier und da etwas gründlicher sein können (irgendwo wird z.B. aus einem cousin unversehens ein brother).
Trotz dieser Schwächen ist das Konzept des gegen seinen Willen in eine Waffe gebannten Kämpfers mit allen praktischen Vor- und Nachteilen und in seiner menschlichen Dimension so interessant ausgearbeitet, dass es durchaus nachvollziehbar erscheint, dass Swordheart nicht als Einzelroman, sondern als Eingangsband einer Trilogie gedacht ist – denn praktischerweise haben zwei von Sarkis‘ Kampfgefährten seinerzeit dasselbe Schicksal wie er erlitten, so dass der Figurenbestand für die nächsten Romane gesichert sein dürfte. Es bleibt abzuwarten, ob Kingfisher in den folgenden Büchern das Potential ihrer Grundidee voll ausschöpfen kann oder ob die Aspekte, die einem hier das Lesen streckenweise ein wenig verleiden, noch stärker zum Tragen kommen werden.
T. Kingfisher (Ursula Vernon): Swordheart. Dallas, Argyll Productions, 2018 (e-Book;
ISBN Printausgabe: 9781614504634).