Sword & Thistle

Berufsabenteurer Dobbin Thornhill möchte sich eigentlich einige Tage in der quirligen Hafenstadt Eastborne erholen, doch seine Anwesenheit bleibt einem reichen Auftraggeber nicht verborgen, der ihn sofort für eine neue Queste einspannt: In den Ruinen einer vor langer Zeit von einem Drachenangriff in Schutt und Asche gelegten Zwergenmetropole sollen ganz besondere Pilze wachsen, an denen ein exklusiver Kreis von Gourmets höchst interessiert ist. Der Lohn dafür, sie unter großen Gefahren zu beschaffen, ist so fürstlich, dass Dobbin und einige Menschen, die ihm am Herzen liegen, danach ausgesorgt hätten, und so lässt er sich darauf ein. Doch die Erinnerung daran, dass er vor Jahren schon einmal in ein angeblich allerletztes Abenteuer ausgezogen ist, lässt ihn nicht los, denn die damaligen Ereignisse haben seinen besten Freund Henrik das Leben gekostet.

S. L. Rowlands Roman Sword & Thistle schließt lose an sein älteres Buch Cursed Cocktails an, dessen Protagonisten auch kurze Auftritte am Rande haben, ist aber keine direkte Fortsetzung, sondern erzählt eine eigene Geschichte um andere Figuren. Die Welt ist weiterhin ein typisches Rollenspielsetting mit verschiedenen Fantasyvölkern, in dem eine Verwundung im Handumdrehen durch einen Heiltrank weggezaubert werden kann und eine einflussreiche Gilde das Ausziehen ins Abenteuer zum ganz regulären Karriereweg macht. Anders als im ersten Teil der Reihe gibt es hier jedoch einen klassischen Questenplot, der allerdings den Spielregeln der Cozy Fantasy folgt. Hier wird nicht gleich die Welt gerettet, sondern mit der Pilzsuche zunächst nur ein relativ unbedeutendes Ziel angestrebt, und mit menschlichen oder menschenähnlichen Gegnern rauft sich Dobbin im Regelfall schon noch irgendwie zusammen, während die Hauptgefahren von Naturwesen oder bösartigen Geistern ausgehen.

Wichtiger als die ziemlich geradlinig und ohne allzu viele überraschende Wendungen erzählte Abenteuerhandlung ist aber letztlich auch Dobbins schrittweise Überwindung seiner Vorurteile gegen bestimmte Geschöpfe und seiner von der Trauer um Henrik und dem diesbezüglichen schlechten Gewissen ausgelösten Einsamkeit. Unterwegs gewinnt er nicht nur ein sehr spezielles, amüsant geschildertes Schwein als Haustier, sondern schließt natürlich auch neue Bekanntschaften oder lässt alte wiederaufleben.

Während in dieser Hinsicht manches – ob nun seine vorsichtige Wiederannäherung an Henriks Witwe, der er seit dem Tod des Freundes aus dem Weg gegangen ist, oder seine erst widerwillige Zusammenarbeit mit der Zwergendruidin Myrtle, die aus anderen Gründen am selben Ort wie er zu tun hat – durchaus sensibel geschildert ist, wäre seine „Liebesgeschichte“ (die ich aus guten Gründen in Anführungsstriche setze) eigentlich verzichtbar gewesen. Denn darüber, dass eine Figur, deren einziger anderer und recht kurzer Auftritt im Buch ein gemeinsames Besäufnis mit Dobbin samt anschließendem One-Night-Stand ist, im Epilog plötzlich wieder erscheint und sich offenbar im Handumdrehen zur festen Freundin entwickelt hat, mit der er gemeinsame Zukunftspläne schmiedet, lässt einen doch etwas verwirrt zurück.

Nachvollziehbar und sympathisch dagegen ist die große Bedeutung, die Bücher und Bibliotheken in der Geschichte haben, auch wenn Dobbins Methode, per nächtlichem Einbruch schnell noch einen Recherchebesuch vor der Reise ins Ungewisse zu arrangieren, etwas unorthodox sein mag. Als leichte und nett gemachte Lektüre für zwischendurch, die einen nicht überfordert, taugt Sword & Thistle damit auf alle Fälle, und sei es nur, weil Schweinchen Snort den anderen Charakteren problemlos die Schau stiehlt.

S. L. Rowland: Sword & Thistle, o. O., Aethervale Publishing, 2023, 284 Seiten.
ISBN: 978-8-9878502-2-0


Genre: Roman