Trier. Biographie einer römischen Stadt

Die erhaltenen römischen Bauwerke in Trier wie z.B. die Porta Nigra oder die Kaiserthermen zählen sicher zu den bekanntesten Zeugnissen der Antike in Deutschland. Wie diese Stadt mit ihrer multikulturellen Bevölkerung (zu der neben Römern auch keltische Treverer und griechischsprachige Zuwanderer aus dem Osten des römischen Reichs zählten) entstand und sich entwickelte, zeichnet Frank Unruh in seinem lesenswerten Bildband Trier. Biographie einer römischen Stadt nach.
Unter Augustus wohl um 17 v.Chr. – so zumindest die dendrochronologische Datierung der ersten nachweisbaren Moselbrücke – als Augusta Treverorum gegründet, entwickelte Trier sich trotz gelegentlicher politscher Unruhen zum Wirtschaftszentrum und Verkehrsknotenpunkt. Wichtig war dabei nicht zuletzt die Lage in bequemer Nähe zum Grenzgebiet am Rhein, aber doch zugleich im vor Überfällen und Angriffen relativ geschützten Hinterland. Gerade in der für weite Teile des römischen Reichs eher krisenhaften Zeit ab dem 3. Jahrhundert konnte Trier so noch einmal zu einer besonderen Blüte gelangen. Unter den Tetrarchen sogar zur Kaiserresidenz aufgestiegen, wurde die nun als Treveris bezeichnete Stadt in der Spätantike zu einem bedeutenden Bischofssitz des jungen Christentums. Während sich einerseits nach einer langen Übergangsperiode des Nebeneinanders von heidnischer und christlicher Welt die Intoleranz der neuen Religion zeigte (so sind schon für das 4. Jahrhundert Verurteilungen und Hinrichtungen von Häretikern belegt), trug sie andererseits dazu bei, über das Ende der weströmischen Herrschaft hinaus ein gewisses Maß an administrativer Kontinuität und kollektiver Identität zu sichern, bis Trier 484 dem expandierenden Frankenreich einverleibt wurde und eine neue Epoche begann.
Unruh legt dabei in seinem flüssig geschriebenen Text den Schwerpunkt auf Bau- und Ereignisgeschichte, die eng miteinander verquickt sind. Neben Fotos der erhaltenen Gebäude bzw. Ruinen finden sich unter den Illustrationen daher auch zahlreiche Rekonstruktionsdarstellungen, bei denen erfreulich klar darauf hingewiesen wird, was belegt und was nur Interpretation ist. Da für Triers Geschichte die religiöse Entwicklung von so zentraler Bedeutung war, wird ausführlich auf Tempel-, Grab- und Kirchenarchitektur eingegangen, in denen die sich wandelnden Glaubenssysteme ihren sichtbarsten Ausdruck fanden. Aber auch Details der Ausstattung von Wohnhäusern und öffentlichen Bauten (z.B. Wandmalereien und Mosaiken) nehmen breiten Raum ein. Einzelfunde wie Glas, Keramik, Münzen oder Schmuck kommen zwar auch zur Sprache und werden prächtig ins Bild gesetzt, doch insgesamt tritt der Bereich der Alltagshistorie etwas stärker in den Hintergrund als in vergleichbaren regionalgeschichtlichen Publikationen (wie etwa Thomas Fischers und Marcus Triers Das römische Köln).
Positiv fällt auf, dass in vielen Fällen hervorgehoben wird, ob und wie Reste von Gebäuden und besonders interessante Funde heute für Besucher zugänglich oder museal präsentiert sind. So macht die Lektüre auch und vor allem Lust, Triers römisches Erbe einmal selbst zu erkunden.

Frank Unruh: Trier. Biographie einer römischen Stadt. Philipp von Zabern (WBG), Darmstadt, 2017, 112 Seiten.
ISBN: 9783805350112 (Antike-Welt-Sonderheft, hier besprochen; ISBN der Buchhandelsausgabe: 9783805350129)


Genre: Geschichte