Keine Angst – trotz seines dahin misszuverstehenden Titels ist Torill Kornfeldts Wie klone ich ein Mammut? Die Rückkehr der Eiszeitgiganten keine Schritt-für-Schritt-Anleitung, um bald die eigene Mammutherde im Garten weiden lassen zu können. Die Antwort auf die Frage, wie man ein Mammut klont, kennt derzeit mangels gut genug für solch einen Vorgang erhaltener Mammutzellen nämlich noch niemand. Stattdessen geht es im Buch der schwedischen Wissenschaftsjournalistin um die unterschiedlichsten Versuche, ausgestorbene Arten wiederzubeleben.
Das im Titel so prominent herausgestellte Klonen ist dabei nur in den seltensten Fällen das Mittel der Wahl, eignet es sich doch aufgrund des raschen Verfalls der DNA in toten Organismen nur bei gerade erst ausgestorbenen oder kurz vor dem Verschwinden stehenden Tieren und Pflanzen. Eingesetzt wurde es mit eher zweifelhaftem Erfolg beim um die Jahrtausendwende ausgestorbenen Pyrenäensteinbock: Hier kam tatsächlich ein geklontes Jungtier zur Welt, starb aber aufgrund eines Lungenproblems unmittelbar nach der Geburt. Auch für das Nördliche Breitmaulnashorn, eine nur noch in wenigen Individuen überdauernde Unterart des Breitmaulnashorns, wird diese Möglichkeit diskutiert.
Schon heute praktiziert wird dagegen die Vorgehensweise, mit konventionellen Methoden Tiere zu züchten, die äußerlich einer verschwundenen Art gleichen und darum deren Funktion im Ökosystem übernehmen könnten. Gleich mehrere Initiativen bemühen sich so um eine Rückzüchtung des im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Auerochsen, der seither als großer Pflanzenfresser in Mitteleuropa fehlt.
Spektakulärer, aber in ihren ethischen und ökologischen Implikationen zugleich auch weit schwieriger einzuschätzen sind Vorhaben, schon länger ausgestorbene Tierarten durch gentechnische Veränderungen an heutigen Verwandten wiederauferstehen zu lassen. Die Rückkehr einst prägender Arten könnte möglicherweise aus der Bahn geworfene Ökosysteme wieder näher an ihren natürlichen Zustand führen und dadurch langfristig sogar zur Lösung von Problemen wie dem Klimawandel beitragen.
Wirkt dieser Plan schon bei der durch immer intensivere Bejagung im Laufe des 19. Jahrhunderts ausgerotteten nordamerikanischen Wandertaube ziemlich kühn, stellt man sich bei der Idee, aus Asiatischen Elefanten durch Genveränderungen Mammuts zu machen und sie in Sibirien auszuwildern, vollends die Frage, ob das eine gute Idee sein kann. Noch bizarrere Formen nehmen die Gedankengänge der Verantwortlichen an, wenn ernsthaft vorgeschlagen wird, aus genveränderten Hühnern eine Art kleiner Dinosaurier zu gewinnen, die als Haustiere dienen sollen.
Sinnvoll umsetzbare Ideen, verlockende bis abschreckende Zukunftsvisionen und vollkommen exzentrische Phantastereien samt der dazugehörigen Selbstüberschätzung und Lust daran, Gott zu spielen, scheinen auf diesem Gebiet so eng beieinanderzuliegen wie auf kaum einem anderen. Dennoch vermeidet Kornfeldt eindeutige moralische Urteile. Bei allen Zweifeln, die sie eingesteht, scheint doch immer wieder auch ihr Verständnis für Experimentierfreude durch. Das erklärte Ziel der Autorin ist es, dass ihre Leserinnen und Leser ihre eigenen Schlüsse aus dem geschilderten ziehen, wenn es gilt, Hoffnungen und durchaus überzeugende Gegengründe (wie Aufwand und mögliches Tierleid) gegeneinander abzuwägen.
Um dazu auch tatsächlich in der Lage zu sein, wünscht man sich allerdings manchmal etwas mehr Tiefgang und detailreichere Informationen, als der reportagehafte, auf leichte Lesbarkeit angelegte Stil sie zulässt. Als erster Einstieg in ein ebenso komplexes wie verstörendes Thema ist Wie klone ich ein Mammut? dennoch geeignet.
Torill Kornfeldt: Wie klone ich ein Mammut? Die Rückkehr der Eiszeitgiganten. Darmstadt, WBG / Theiss, 2018, 224 Seiten.
ISBN: 9783806237702