Lesetipp: When We Were Starless

Wer schon länger auf Ardeija.de mitliest, weiß, dass ich 2017 mit How Bees Fly bereits eine englischsprachige Geschichte von Simone Heller empfohlen habe. Mittlerweile ist sie wieder in dieselbe postapokalyptische Welt voller Echsen, verseuchter Landschaften und geheimnisvoller Artefakte aufgebrochen.

When We Were Starless führt allerdings aus der relativ sicheren Umgebung der befestigten Siedlungen fort ins Dasein von Hirtennomaden, die mit mechanischen Spinnen durch Gebiete streifen, in denen hungrige Riesentausendfüßler nur eine Bedrohung unter vielen darstellen. Viel furchteinflößender sind die Geister, Überreste einer untergegangenen Zivilisation, und ausgerechnet mit ihnen bekommt es die Kundschafterin Mink zu tun, als ihr Stamm in einem Gebäude aus alten Zeiten nach verwertbarem Rohmaterial sucht. Eigentlich ist das eine Herausforderung, die Mink problemlos meistern sollte – schließlich ist sie im Geisterbannen erfahren. Was aber, wenn ein Geist sich als ganz anders erweist als alle, denen man bisher begegnet ist? Pflichterfüllung, Notwendigkeit und eigene Wünsche lassen sich für Mink bald nicht mehr unter einen Hut bringen, während eine äußere Bedrohung unaufhaltsam näherrückt …

Was When We Were Starless zu einer originellen Lektüre macht, ist vor allem die Mischung aus leicht düsterer Science Fiction und Elementen traditioneller Erzählformen, von volkstümlichen Geschichten bis hin zur klassischen Fantasyliteratur. Das hier durchaus rational erklärte Märchenmotiv des außerhalb des Körpers verwahrten Herzens spielt ebenso eine zentrale Rolle wie die an gleich zwei Figuren in unterschiedlicher Form durchgespielten Opferbereitschaft einer Mentorengestalt, und der Reiz einer im Prinzip hochtechnisierten, aber in archaischen Erklärungsmustern verhafteten Gesellschaft wird bis zur Neige ausgekostet. Besonders Weltraumfans, die sich gern zu den Sternen träumen, werden ihre Freude am Verlauf von Minks Abenteuer haben (und auch so einiges aus der realen Welt wiedererkennen).

Wer neugierig geworden ist, findet hier den Link zu When We Were Starless – sowohl der Text selbst als auch eine Audiofassung stehen online frei zur Verfügung. Am besten ist es aber, beide Geschichten in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen, denn sie ergänzen sich gegenseitig und beleuchten die Frage nach dem Umgang mit überkommenen Traditionen, der Wahrnehmung von Technik und nicht zuletzt dem Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft auf eine Art, die erst in der Zusammenschau ein großes Ganzes ergibt.

Lesenswert ist in diesem Kontext übrigens auch der Blogbeitrag der Autorin zu ihrer Erzählung, in dem sie Inspirationsquellen und Hintergründe der Geschichte näher erläutert.