Schneefrau küsst Schneemann

Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Partner fährt die schwangere Konditorin Liv in einem Schneesturm fast den sympathischen Tierarzt Rune über den Haufen. Da eine Weiterreise im Auto bei den extremen Wetterbedingungen ohnehin kaum möglich ist, bietet Rune Liv spontan an, das Ende des Unwetters in seinem nahen Haus abzuwarten. Da auch er in der Liebe schlechte Erfahrungen gemacht hat, kann er sich eine neue Beziehung eigentlich ebenso wenig vorstellen wie sein unerwarteter Gast. So betrachten beide ihre bald nicht mehr zu leugnende gegenseitige Zuneigung erst einmal mit reichlich Argwohn. Doch die eigenen Zweifel sind nicht das einzige Hindernis: Auch die intrigante Nachbarin Dina hat ein Auge auf den charmanten Rune geworfen und weiß Livs Schwächen und Ängste gekonnt auszunutzen …
Schneefrau küsst Schneemann kommt zunächst leichtfüßig als lockerer und unterhaltsamer Liebesroman daher, doch sollte man sich nicht täuschen und vermuten, den Verlauf ohnehin vorhersehen zu können. Auch über Livs Gewalterfahrungen hinaus birgt das Buch nämlich eine Reihe düsterer und tragischer Elemente, die dem skandinavischen Winteridyll aus Kerzenschein, Tafelfreuden und putzigen Haustieren einen ungewohnt dunklen Beiklang verleihen. Leben und Tod liegen in der Geschichte so nahe beieinander wie in der Realität, und wer unter dem heiteren Titel nur seichtes Vergnügen erwartet, sollte wohl schon einmal die Taschentücher bereitlegen. Leicht haben es Held und Heldin auf ihrem Weg zueinander wahrlich nicht, und insbesondere Livs traumatische Erfahrungen verschwinden nicht einfach wundersam durch die Begegnung mit einem neuen Mann, sondern erweisen sich als handlungsbestimmend und äußerst folgenschwer.
Wie schon in Lied des Lebens ist es also kein idealisiertes Märchen, das Ann-Kristin Vinterberg in ihrer schnörkellosen Art erzählt, sondern ein Zusammenfinden inmitten aller Widrigkeiten des Lebens, das trotz aller Härten auch immer wieder von Hoffnung getragen wird. Dafür, dass es nicht allzu traurig wird, sorgen Runes tierische Hausgenossen, Kater Che und Hündin Mistel, deren Verhalten sehr liebevoll und realitätsnah geschildert wird. Abseits der ernsteren Passagen blitzt zudem auch immer wieder viel Humor auf, der teilweise augenzwinkernd mit den genreüblichen Klischees spielt (wenn etwa Rune sich auf seine „männliche Intuition“ beruft, um eine Vermutung zu begründen).
Auf Fortsetzungen darf man wohl hoffen, denn außer dem Heldenpaar und der etwas überzeichneten Dina spielen auch Runes zahlreiche Geschwister eine Rolle, von denen einige durchaus so wirken, als könnten sie in etwaigen Folgebänden die Bühne dominieren.
Schneefrau küsst Schneemann ist aber nicht nur Reihenauftakt und romantische winterliche Erzählung, sondern bietet darüber hinaus noch einen kleinen Kochbuchanhang mit dänischen Weihnachtsspezialitäten und Leckereien, die im Laufe der Handlung auf den Tisch kommen. So lässt sich ein Teil des Romans ganz praktisch ins wahre Leben holen – eine nette Idee, vor allem, da einige der Rezepte wirklich verlockend klingen.

Ann-Kristin Vinterberg: Schneefrau küsst Schneemann. Norderstedt, Books on Demand, 2. Auflage 2018. E-Book (auch als Taschenbuch erhältlich).
ISBN: 9783748135388

 


Genre: Roman